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„Schutzwall for nothing and docs for free“

Das gute Funktionieren des ambulanten Bereichs ist einer der Hauptgründe dafür, dass Deutschland so gut durch die Pandemie kam. Das war keine kleine Leistung. Aber sie gilt jetzt nichts mehr!

Als auf dem Höhepunkt der Pandemie jeder auf die Idee kam, seine Wohnung auszumisten, funktionierte das bei uns im Landkreis nicht richtig gut. Die öffentlichen Entsorgungsstellen waren geschlossen. Zu groß sei das Ansteckungsrisiko für die öffentlichen Beschäftigten in den Schalterhäuschen hinter ihrer Glasscheibe. Ich hörte auch von vielen Lehrern, die schon frühzeitig die Reißleine zogen, weil sie mit über 60 zur Risikogruppe gehörten.

 

Eine beamtete Privatpatientin berichtete mir von ihrem Knorke-Abteilungsleiter, der alle über 60 als Risikogruppe zuhause ließ. Das sind nur drei Beispiele, von denen ich erfuhr. Die Dunkelziffer des Corona bedingten Absentismus dürfte hoch

sein. Ich wüsste zum Beispiel gerne, was eigentlich in den Hochrisikobereichen der Krankenkassenfure geschah, während draußen die Pandemie wütete?

 

Die Verkäuferinnen, die Pfegerinnen, die Arzthelferinnen und nicht zuletzt wir Ärzte können darüber nur müde lächeln. Vor allem der Gesundheitsbereich hielt durch und konnte stolz sein auf die ihm zugedachten wohlfeilen Belobigungen – Helden des

Schutzwalls!

 

Die Krankenschwestern haben schnell bemerkt, dass sie sich dafür nichts kaufen können. Wir Ärzte ahnten das natürlich auch. Genauer: Wir wussten schon vorher aus alter Erfahrung, dass wir am Ende nicht mehr, sondern weniger erhalten werden. Genau so ist es jetzt gekommen. Der Erweiterte Bewertungsausschuss entschied gegen die Ärzteseite, dass der Orientierungspunktwert um 1,25 „erhöht“ wird. Das führt real zu einer Absenkung der Praxisumsätze. Dabei sind sind die Verwerfungen durch das TSVG noch gar nicht berücksichtigt und die Zusatzkosten für Hygienemaßnahmen und

IT nicht mit eingerechnet.

 

Wir Ärzte haben in der Pandemie nicht nur die Stellung gehalten, wir haben auch, obwohl wir zur Arbeit erschienen sind, geringere Umsätze gehabt. Diese Umsatzeinbußen entstanden zum Teil dadurch, dass wir Anfangs der Au"orderung

folgten, nur die akuten Notfälle zu behandeln. Hauptsächlich wurden sie dadurch bewirkt, dass Patienten aus teils berechtigter, teils übertriebener Angst nicht zu ihren Terminen erschienen.

 

Aber wegen unserer Präsenz mussten Patienten nicht wie in anderen Ländern die Krankenhausambulanzen stürmen, in denen es in der Pandemie gemächlich zuging. 6 von 7 Covid-Patienten wurden in den Praxen behandelt, die vielen Nicht- In!zierten

natürlich auch. 

 

Das gute Funktionieren des ambulanten Bereichs ist einer der Hauptgründe dafür, dass Deutschland so gut durch die Pandemie kam. Das war keine kleine Leistung. Aber sie gilt jetzt nichts mehr! 

 

Höhnische Schlichtungssprüche und süffisante Frechheiten von Kassenchefs 

Der fast schon höhnische Schlichtungsspruch des Erweiterten Bewertungsausschluss ebenso wie die süffisanten Frechheiten eines AOK Fürsten, der selbst die geringen Gelder, die das TSVG kostet, den Ärzten wieder wegnehmen möchte, zeigen die negative Stellung der politischen Entscheider zu den Aktiven, die die Arbeit machen.

Ich wollte es lange nicht glauben, weil ich soviel Dummheit für unwahrscheinlich hielt. Aber es lässt sich einfach nicht übersehen, dass die meisten Akteure in der deutschen Politik eine herzliche Abneigung, oft sogar Feindschaft gegen freie, niedergelassene Ärzte pflegen. Und diese Abneigung bleibt auch nach Corona bestehen.

 

 

Freiwillig werden die maßgeblichen Politiker erst dann die Umsätze im ambulanten Bereich erhöhen, wenn dieser nur noch aus staatlichen oder konzernbetriebenen Polikliniken besteht. Das ist schön für jemanden, der einen privaten Klinikkonzern besitzt, aber für alle diejenigen, die schon bald vor allem als Patienten und nicht als Kassenärzte eine Praxis betreten werden, ist das ein gruseliger Ausblick.

 

Die nachfolgenden, dann in der Mehrheit angestellten, Ärzte werden sich allerdings an den unfreien Zustand möglicherweise gewöhnen können. Sie könnten sich z.B. als Angestellte darüber freuen, dass sie dann ein anerkanntes Streikrecht haben. Im

Pandemiefall können sie es genauso halten wie die Entsorgungsmitarbeiter, im Krankheitsfall sicherlich auch.

 

Das Gesundheitssystem wird ein anderes sein

Das Gesundheitssystem wird ein anderes sein als dasjenige, das wie alle kennen und schätzen. Es wird weniger für die Patienten leisten und gleichzeitig mehr kosten. Denn es benötigt nicht nur eine höhere Zahl an Ärzten, die gut bezahlt werden wollen und dies auch besser durchsetzen können werden. Es muss ja auch noch die Rendite für die Besitzer der Konzerne, die zukünftigen kleinen Könige, dabei herauskommen.

 

Wer diesen Verlauf nicht akzeptieren und daran etwas ändern will, müsste schon mehr unternehmen, als nur über das mangelnde Geschick und den fehlenden Elan der KBV Spitze in den Honorarverhandlungen zu schimpfen. Denn verhandeln lässt sich dort gar nichts, solange die Möglichkeit fehlt, zu einem Ergebnis auch einmal „Nein“ zu sagen. Und für dieses „Nein“, bräuchte es Viele, die es wagen, sich querzustellen – auch in einer Pandemiesituation. Will das jemand? Nun gut, hier ein kleiner Vorschlag zur Güte:

 

Eine einfache Regel zum Einstieg in das Bemühen um angemessene Honorare könnte sein:

 

Wer sich von der KV eine Fieberambulanz wünscht, sollte dafür nicht nur angemessen bezahlen, sondern auch so wie es bei Kunden mit schlechter Zahlungsmoral üblich ist – im Voraus.

 

26.09.2020, 06:09, Autor: Dr. Matthias Soyka